Mäusekino

Die kleine, graubraune Feldmaus in Susis halb geöffneter Faust hatte 2010 irgendjemand gefunden und vorbeigebracht. Eigentlich sollte sie ausgewildert werden, nachdem sie sich einige Tage lang im Privatzoo Lorenz den Wanst vollgeschlagen hatte. „Was macht denn die Maus hier? Wolltet ihr die nicht gestern schon fortbringen hinaus aufs Feld?“ „Hatte Frau Doktor ja auch vor“, erklärt Susi wie zur Entschuldigung ihrer Chefin. Sie wollte sie aussetzen, doch da pflügten Bauern ihre Felder, während Saatkrähen und Störche in den Furchen nach Beute suchten. Da hat sie die Maus lieber wieder mit nach Hause genommen. Sie kam also wieder in ihren Käfig mit einem ordentlichen Vorrat an frischem Wasser und klein geschnittenen, goldgelben Käsestückchen. Ausgesetzt wurde sie dann zu einem günstigeren Zeitpunkt.

Nicht so im Fall einer anderen Maus: Sie wurde als noch nackter Nestling von der Katze als Geschenk für Frauchen angeschleppt. Da die Frau das noch lebende und elend quiekende Mäusebaby nicht ihrer Katze überlassen wollte, brachte die den Säugling flugs zu ihrer Tierärztin in den Oberhofer Weg. Dort wurde Mäuschen mit einer Pipette und spezieller Aufzugsmilch für Katzenbabys aufgezogen. Ja, Katzenmilch! Nach zwei Tagen war die kritische Zeit überstanden, und das Mäuslein trank immer besser. Alle zwei Stunden musste es gefüttert werden. Zunächst auch nachts. Gott sei Dank wachsen Mäuse schnell. Schon nach einer Woche begann die Maus selbst zu fressen.

Und damit eröffnete auch das Mäusekino im Hause Lorenz. Denn die Maus bezog einen luxuriösen Laborkäfig mit allem Pipapo, der eine magische Anziehungskraft auf die Katzen des Haushalts hatte. So saßen oft alle drei Katzen um den Mäusekäfig herum und sahen der davon völlig unbeeindruckten Maus beim Nagen zu. Selbst Toni, die Badezimmerkatze, die sonst höchst selten im Erdgeschoss auftaucht, wurde zum regelmäßigen Kinogänger. Natürlich ist an Auswildern nicht zu denken, denn unsere Maus würde garantiert jeder Katze direkt ins Maul spazieren. Sicher eine traumhafte Vorstellung für jeden Stubentiger, nicht jedoch für Mäusi und uns. Deshalb wird die Maus in ihrem Terrarium bleiben, und das Mäusekino hat weiterhin geöffnet.

 

Irgendwo in diesem Terrarium befindet sich eine kleine Maus, die Susi mit viel Mühe als gerade mal Daumen großes Baby mit der Pipette großgezogen hat. Wir sehen sie so gut wie nie, wissen aber, dass sie noch ihr Unwesen in ihrem Zuhause treibt, da sie immer wieder die neue Einrichtung von Susi zerstört und sich das so umbaut, wie sie es für besser hält.

Unser Mäusekino - leider gerade ohne Vorstellung:

 

2012 ist das Mäusemädchen nach einem für Mäuse recht langen Leben von 2 Jahren dann doch gestorben. Aber wir haben unser Kino behalten und zwischendurch mit zwei alten Wüstenspringmäusen weitergespielt. Heute nun ist es das Heim von Johnny Mauser, unserem jungen Mäuserich, dem ein ähnliches Schicksal wiederfahren ist, wie unserer kleinen Mäusedame.

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